Am Samstag, den 29. September um 7:30 Uhr saßen über 50 Wanderfreundinnen und -freunde aufrecht im Bus und starteten zur Wanderwoche in Schleswig-Holstein. Ziel war das Hotel Wikinger Hof in Kropp. Dies erreichten sie nach 10 Stunden Fahrt, drei Pausen und Verzögerungen durch Staus. Kurz vor Kropp stiegen zwei Wanderfreunde aus Hamburg zu. Sie kannten sich in Schleswig-Holstein aus und brachten manch guten Tipp ein.
Das Hotel im friesischen Stil ist außen und innen großzügig angelegt. Die Atmosphäre im Haus und in den Zimmern ist hell, schnörkellos und freundlich. Dieser positive Eindruck wird verstärkt durch die aufmerksame und freundliche Bedienung. Morgens wurde ein reichhaltiges Buffet geboten. Am Abend sorgten die Köche für schmackhafte Gerichte angelehnt an die landestypische Küche. Die Menüs wurden am Tisch serviert sowie der üppige „Friesenteller“ (Matjes, Sauerfleisch und Bratkartoffeln). An den Themenabenden „Barbecue“ und „Wikingeressen“ ging man ans Buffet. Für Biertrinker gab es das „Flens“ (Flensburger Pils), für Weintrinker ein gutes Angebot an Weiß- und Rotweinen. Eine Besonderheit und zudem preiswert war bei den nichtalkoholischen Getränken das Leitungswasser mit und ohne Orange oder Zitrone. Auf Nachfrage wurde bestätigt: „Ja, es ist unser gutes Trinkwasser aus der Wasserleitung.“ Serviert wurde es in einer Glaskaraffe.
Damit es nicht vergessen wird, ist hier der Platz um dem Organisationsteam Erhard und Elisabeth Schönberg, Willi und Ria Schiefer für die sorgfältige Vorbereitung und die reibungslose Durchführung zu danken. Auch Erich Soucek, dem Busfahrer, gebührt ein Dankeschön.
Am 1. Tag stand eine Wanderung von Preetz an der Schwentine entlang bis nach Kiel-Wellingdorf auf dem Programm. Dort fließt der Fluss in die Kieler Förde. Es gab die Möglichkeit, eine längere oder eine kurze Strecke auf dem Europäischen Wanderweg E 1 zu wählen und die naturbelassene Schwentinelandschaft zu genießen. Die Schwentine entspringt am Bungsberg und durchfließt die gesamte Holsteinische Schweiz durch 18 Seen und die Orte Eutin, Bad Malente, Plön, Preetz und weitere.
Anschließend fuhren alle mit dem Bus in die Landeshauptstadt Kiel. Zuerst erfolgte eine informative Stadtrundfahrt. Danach konnte wer wollte die Stadt selbst erkunden.
Am 2. Tag sah das Programm so aus:
– Fahrt zum Eidersperrwerk
– Wanderung durch das Lundener Moor
– Fahrt nach Friedrichstadt mit Grachtenfahrt
Um 9 Uhr fuhr der Bus alle an die Nordsee zum Eidersperrwerk. In den 8,50 m hohen Damm ist das riesige stählerne Bauwerk eingelassen. Seit 1973 erfüllt es seine Aufgabe im Rahmen des Küstenschutzes. Vom Kontrollturm aus wird das Sperrwerk gesteuert. Ist das Sperrwerk geöffnet, wird der Abfluss des Wassers der Eider mit Nebenflüssen in die Nordsee ermöglicht (Entwässerung). Ist es geschlossen wird bei auflaufendem Meerwasser (Flut) verhindert, dass das Land überflutet wird. Ganz besonders bei Sturmflut hat es eine wichtige Schutzfunktion. Neben der Sperranlage befindet sich eine Schleuse, die den Schiffsverkehr zwischen Eider und Nordsee ermöglicht. An diesem Morgen nieselte es ungemütlich. Der Wind war so stark, dass Schirme nur schwer zu halten waren.
Dann brachte der Bus alle nach Lunden zum Startpunkt der Wanderung durch das Lundener Moor. Es ging auf Holzstegen und schmalen Wegen ins Moor. Richtig unheimlich konnte einem werden, wenn das hohe Schilf am Teichufer sich bewegte und raschelte und den Blick auf den Teich verdeckte. Der Weg führte auf weichem Boden durch das Moor nach St. Annen. Von dort fuhr der Bus die Gruppe nach Fiedrichstadt.
Friedrichstadt wurde 1621 von Herzog Friedrich III. von Schleswig-Gottorf mit dem ersten Hausbau gegründet. Mit dem Ziel eine Handelsmetropole zu errichten, bot er Niederländern, insbesondere Glaubensflüchtlingen, die Ansiedlung an. Heute werden auf den Grachten Schiffstouren für Touristen angeboten. Den Westerwälder-Wandersleuten hat so eine Bootsfahrt gefallen. Vor der Bootsfahrt konnte zu Fuß die Geschäftsstraße erkundet werden. Viele Giebelhäuser aus dem 17. Jh. säumen die Straßen und bieten ein pittoreskes Bild. Die Auswahl an Cafés ist groß. Da können verlockende Düfte bei der Entscheidung helfen.
Am 3. Tag fuhr die Gruppe Richtung Ostsee nach Arnis, von dort wanderte sie an der Schlei nach Kappeln.
Arnis ist die kleinste Stadt Deutschlands, hat hübsche Häuser und einen Fischereihafen. Mit einer Fähre fuhr ein Teil der Gruppe über die Schlei an das andere Ufer zum Start der Wanderung. Sie hatten Glück. Nach ihnen wurde der Fährverkehr (Seilfähre) vorübergehend eingestellt. Grund dafür war der starke Seitenwind. Ist dieser zu groß, kann die Fähre nicht mehr sicher am Seil geführt werden. Die Wanderung machte, auch bei leichtem Regen, richtig Laune, zügig kamen sie voran.
In Kappeln trafen sich die Gruppen in einem Bistro am Hafen. Um 14.45 Uhr stiegen sie auf einen Raddampfer und fuhren auf der Schlei Richtung Ostsee. Ziel war das Naturschutzgebiet an der Schleimünde. Ein junger Mann vom Verein Jordsand, der sein freiwilliges ökologisches Jahr absolviert, informierte über die artenreiche Vogelwelt und die vielfältigen Aufgaben im Schutzgebiet zum Erhalt der einzigartigen Natur.
Zurück in Kappeln konnten von der Brücke (Klappbrücke) sehr gut die in Europa einzigartigen Heringszäune gesehen werden. Mit den Heringszäunen aus dem 15. Jh. wird immer noch Fischfang betrieben. Lohnenswert war auch die Besichtigung der spätbarocken Nikolaikirche (1789 – 1793). Auf der Straße fielen die vielen Pflastersteine aus Metall mit Heringsmotiv auf, welche von Bürgern gestiftet wurden.
Am 4. Tag machte die Gruppe eine Visite in der Holsteinischen Schweiz. Sie zeichnet sich durch Buchenwälder, sanften Hügeln und einer ausgedehnten Seenplatte aus. Der Bus fuhr alle bis Malente. Baustellen und Umleitungen auf der Strecke kosteten viel Zeit. Trotzdem wurde eine Wanderung am Dieksee entlang bis Plön durchgeführt. Anschließend stiegen alle auf das „MS Holsteinische Schweiz“ zu einer zweistündigen Rundfahrt auf dem Plöner See. Das Panorama war beeindruckend, weite Teile des Ufers sind bewaldet. Vom Schiff aus hatte man eine tolle Sicht auf das Plöner Schloss. 2002 wurde das marode Schloss von der gemeinnützigen „Fielmann-Akademie“ erworben und für mehr als 35 Mio EUR restauriert.
Nach Beendigung der Schifffahrt war das nächste Ziel die Schuhmacherstadt Preetz. In die Straße eingelassene Metallplatten weisen auf den Spazierweg, „Schustergang“ hin. Auf dem Marktplatz befindet sich eine Bronzeplastik, die einen Schuster zeigt, der die zu reparierenden Schuhe vor einem Hund bewahren muss. Auf der Infotafel steht: „Um 1850 zählte man in Preetz 150 selbständige Schuhmachermeister, 380 Schuhmachergesellen sowie 160 Schuhmacherlehrlinge. Zu diesen kam noch eine größere Zahl von Holzpantoffelmacher. Diese hatten ihre Kunden hauptsächlich in der ärmeren Bevölkerung, für die Holzpantoffeln das alltägliche Schuhwerk darstellten.“
Nicht weit davon entfernt in einer kleinen Parkanlage steht wahrscheinlich der größte Holzpantoffel der Welt. Länge 3,06 m, Breite 1,03 m.
Weiter konnte die Stadtkirche besichtigt werden (Baubeginn 1210). Im Innern befindet sich die von der Schusterzunft 1696 gestiftete Schusterkrone mit eingravierten Namen von 32 Schustermeistern. Ein besonderes Kunstwerk ist der lang verschollene schwebende Taufengel aus dem 18. Jahrhundert in der Seitenkapelle.
Am 5. Tag übernahm der Hotelchef den Bus, denn Erich hatte seinen verdienten Ruhetag. Es ging Richtung Nordsee an Husum vorbei nach Schlüttsiel. Dort wartete schon die Autofähre, die die Gruppe zur Hallig Langeneß brachte. Unterwegs konnte man Seehunde auf einer Sandbank liegen sehen. Langeneß ist die größte von 10 Halligen, die sich aus dem nordfriesischen Wattenmeer erheben. Sie hat 18 mit Häuser bebaute Warfen. 120 Menschen leben dort. Einer davon ist Frerk Johannsen. Er ist dort geboren, aufgewachsen, zur Schule gegangen und lebt bis heute dort. Mit seinem Hallig-Express beförderte er die Gruppe über die Hallig zu den Besichtigungspunkten. Zuerst setzte er die Gruppe im Kapitän – Tadsen – Museum auf der Ketelswarf ab. Das Haus stammt aus dem Jahre 1741. Im Inneren ist es nach damaligen Verhältnissen reich ausgestattet. In der Stube sind die Wände mit holländischen Fliesen verkleidet. In den Schränken steht schönes Geschirr. In einer Vitrine ist ein Vorläufer des heutigen Schlittschuhs ausgestellt. Die Kufe, die unter dem Schuh befestigt ist, besteht aus einem Beinknochen des Schweins. Daher kommt das Wort Eisbein. Eisbein oder Hämchen steht heute in vielen Speisekarten.
Im Stall war im Winter nur für ein paar Kühe Platz. Der Kuhdung wurde gesammelt und im Sommer auf der südlichen Wiese getrocknet und in Stücke geteilt. Er diente als Brennstoff.
Der Guide konnte die Halligkirche leider nur von außen zeigen, weil sie gerade innen restauriert wird. Er zeigte auf die Hochwassermarken verschiedener Sturmfluten und wies auf die Schutzmaßnahme für die Kirche hin. Vor einigen Jahren wurde ein Wall um die Kirche errichtet.
Weiter half der Guide, dass jeder das Halligabitur bestehen konnte. Bestanden hat wer den Unterschied zwischen Hallig und Insel erklären kann. Die Insel ist ein Stück Land, das durch einen Deich oder Dünen geschützt ist. Eine Hallig hat den Schutz nicht und kann leicht vom Meer überspült werden. Zum Abschluss der Führung wünschte er allen eine gute Rückfahrt und grüßte zum Abschied: „Kommt gut nach Deutschland!“
Nach der Halligtour wurde in Rixwarf im Traditionsgasthaus eingekehrt. Die heiße Kartoffelsuppe fand bei vielen Anklang.
Dann ging es mit der Fähre wieder nach Schlüttsiel und von da aus mit dem Bus nach Kropp.
Am 6. Tag hielt sich die Gruppe um und in Schleswig auf.
Auf der Wanderung durch das Brekendorfer Moor zum Selker Noor und Haddebyer Noor getrennt durch eine Brücke, vorbei an Runensteinen erreichte die Gruppe Haithabu. Runensteine sind Gedenksteine für gefallene Krieger.
Haithabu ist mit dem Danewerk (Schutzwall) das bedeutendste archäologische Bodendenkmal in Schleswig-Holstein und zählt seit 2018 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Um 770 wurde Haithabu gegründet und wuchs bald zu einem wichtigen Handelsplatz und in der Blütezeit zur größten Wikingerstadt des Nordens heran.
Hier kreuzten sich der Nord-Süd-Handelsweg, genannt der Ochsenweg und der Handelsweg von Ost nach West. Von der Ostsee kommend konnten die Schiffe über die Schlei bis Haithabu fahren. Über eine schmale Landenge mussten die Schiffe gezogen oder umgeladen werden. Bei Hollingstedt konnten die Schiffe über die Flüsse Treene und Eider die Nordsee erreichen. 1050 und 1066 wurde Haithabu von Feinden angegriffen und zerstört. Die Einwohner verlegten ihre Siedlung nach Schleswig.
Im Wikingermuseum wird die Wikingerzeit ausführlich erklärt. In den Schauvitrinen kann man Schmuckstücke bewundern. Im Freilichtmuseum sind 7 Wikingerhäuser rekonstruiert worden. Ein 6,50 m langes Wikingerboot ist nachgebaut worden und liegt an der Landebrücke.
Vom Museum fuhr der Bus an Schloss Gottorf vorbei nach Schleswig.
In Schleswig wurden drei Gruppen gebildet und jeweils von einem Stadtführer/in durch die Stadt begleitet. Gleich zuerst wurde das bedeutendste Bauwerk der Altstadt, den im 12. – 15. Jh. entstandenen gotischen Dom St. Petri besichtigt. Besondere Bedeutung hat der Eingang, das um 1180 errichtete romanische Petri-Portal. Der Westturm wurde erst Ende des 19. Jh. hinzugefügt. Im Inneren befindet sich der kostbare Bordesholmer Altar, der aus Eichenholz von Hans Brüggemann geschnitzt wurde. Es handelt sich um einen 12 m hohen Flügelaltar mit 392 Figuren. Weiterhin gab es im Kreuzgang alte Wandfresken zu bewundern.
Im 13. Jh. wurde an der Stelle einer Königspfalz ein Franziskanerkloster errichtet. Die Mönche trugen graue Kutten. Daher kommt der Name Graukloster. Nach der Reformation (um 1530) hat man das Gebäude in ein Armenstift umgewandelt. Im 20. Jh. wurden Sozialwohnungen eingerichtet. Eine (Mini-) 2-Zimmerwohnung aus dieser Zeit kann besichtigt werden. An das Graukloster wurde 1794 das Rathaus im klassizistischen Stil gebaut. Viele Räume des Klosters wurden dem Rathaus zugeschlagen. Die Stadtführerin zeigte allen den gotischen Saal für Hochzeiten und den großen Raum für Sitzungen. Der hat eine interessante Decke. Sie ist bemalt mit lauter Quadraten, aber so, dass eine optische Täuschung entsteht. Durch die perspektivische Darstellung wird Dreidimensionalität vorgetäuscht. Man hatte den Eindruck, dass der Raum größer und höher erscheint. Das Rathaus und hübsche mittelalterliche Bürgerhäuser bilden den Rahmen für den Marktplatz.
Nicht weit entfernt liegt die malerische alte Fischersiedlung Holm. Deutlich wird dies am Fischerfriedhof unter den Linden. Schmale Gassen führen in verschiedene Richtungen u. a. zur Schlei wo kleine Boote liegen. Die niedrigen Häuser, meist mit Rosenstöcken davor, sind mit typischen „Klöndören“ versehen.
Am nächsten Tag, Samstag, den 6. Oktober saßen um 9 Uhr alle wieder im Bus und fuhren nach Köln zurück.
Text: Carola Schützler
Fotos: Ludwig Kreitner