Der 117. Deutsche Wandertag fand vom 26. – 31. Juli 2017 in Eisenach und in der Wartburgregion unter dem Motto: „Wandern auf Luthers Spuren“ statt. Damit wurde die Verbindung zur parallel zum Wandertag organisierten Feier „Luther 2017, 500 Jahre Reformation“ hergestellt.

Die Gastgeber Rennsteigverein 1896 e. V., Stadt Eisenach, Wartburgkreis, Wartburgstiftung haben sich mächtig ins Zeug gelegt. Mit der Ansage: „95 Thesen – 95 Wege“ wurde ein ehrgeiziges Ziel formuliert. In der 4-jährigen Vorbereitungszeit haben die örtlichen Wandervereine Touren mit Naturerlebnissen und herrlichen Ausblicken in die Thüringer Landschaft ausgearbeitet. Insgesamt wurden 285 Touren im Programm angeboten.

Wie sich dann bei den Wanderungen zeigte, waren die Wanderwege alle sehr gut markiert und beschildert. Der Forst sorgte zudem für gut begehbare, teilweise auch anspruchsvolle Naturwege, jedoch ohne gefährliche Stellen. Neben dem Wanderprogramm wurde ein umfängliches Kulturprogramm mit Musik, Vorträgen, Führungen, Theateraufführungen, Konzerten und Gottesdiensten angeboten. Wie uns berichtet wurde, haben etwa 300 ehrenamtliche und gut geschulte Wanderführer und noch einmal so viele Ehren- und Hauptamtliche die Vorbereitung und Organisation dieser Großveranstaltung geschultert.

Der Westerwald – Verein war mit einer starken Wandergruppe gemeldet. Von unserem Zweigverein Köln e. V. allein 27 Personen.

Einzelne Mitglieder unserer Gruppe nahmen, je nach Neigung und Interesse, an den unterschiedlichsten Veranstaltungen teil. Daher können die Verfasser nur stichpunktartig über einen kleinen Teil der wohl international größten Wanderveranstaltung berichten.

Bereits Monate vorher haben wir uns durch das 200-seitige Wander– und Veranstaltungsprogramm durchgekämpft. Von unserem Vorsitzenden Erhard Schönberg mit Unterstützung seiner Frau Elisabeth wurden Listen erstellt, in die alle Teilnehmer ihre Wander- und Kulturwünsche eintragen konnten. Diese wurden dann entsprechend an die Veranstalter weitergeleitet. Ebenso hat sich das sehr frühzeitige Kümmern unseres Vorstands um eine Unterkunft in Eisenach als äußerst vorteilhaft erwiesen. So waren wir im Hotel „Am Bachhaus“, hautnah am Geschehen in der Innenstadt mit vielen Veranstaltungen bestens aufgehoben und konnten uns wohlfühlen.

Die Anreise unserer Gruppe am Sonntag von Köln nach Eisenach erfolgte mit der Bahn und dann mit dem Taxi zum Hotel. Die Bahnfahrt war etwas stressig, weil reservierte Sitzplätze nur unwillig von Mitreisenden freigegeben wurden. Nach Zimmerbezug und einer kurzen Verschnaufpause war eine Stadtführung angesagt. Zu unserer Überraschung wurden wir von einem Amerikaner geführt, der nach seiner Militärzeit in der Region hängen geblieben war und begeisterter „Eisenacher Stadtführer“ wurde. Er brachte uns temperamentvoll mit amerikanischem Akzent wichtige Sehenswürdigkeiten nahe – Bachhaus – Lutherhaus – Georgenkirche – Markt – Lutherdenkmal – Predigerkirche – und erläuterte viele interessante Details, z. B. Drehorte von Fernsehserien.

Am Montag wurde die Wanderwoche angegangen. Laut Liste haben wir uns für die „Wanderung zur Teufelskanzel“ entschieden. Der Treffpunkt am Markt war von unserer Unterkunft schnell erreicht. Dort wurden wir vom Wanderführer Hartmut Werner und weiteren kundigen Begleitpersonen mit einem großen Plakat „Wanderung zur Teufelskanzel“ empfangen. Nach den einführenden Worten zur Wanderung mit Gefahrenhinweisen konnte man erkennen: “Oh, der ist gut ausgebildet“. Vom Markt ging es dann vorbei am Alten Friedhof zum Wanderweg zur Teufelskanzel, unterbrochen von spannenden Erläuterungen des Wanderführers an besonderen Stellen.

 

Marktplatz Eisenach - Wanderbeginn
Marktplatz Eisenach – Wanderbeginn

 

Inzwischen begann es leicht zu regnen. An der Teufelskanzel angekommen wurde der Regen schon heftiger und die Aussicht getrübt. Früher war die Teufelskanzel ein beliebter Aussichtspunkt, da von dort aus die damalige Attraktion -Eisenbahnstrecke mit den rauchenden und dampfenden Lokomotiven- gut einsehbar war. Weiter ging es zum Katzensprung. Von dort zeigte sich die Wartburg im mystischen Dunstschleier. Weiter ging es dann ins Tal nach Eisenach. Am Prinzenteich kehrten wir mehr oder minder durchnässt ein. Am Ziel waren alle, auch der Wanderführer mit dem Wanderverlauf trotz Regen sehr zufrieden.

 

Teufelskanzel
Teufelskanzel

 

Der Dienstag war gekennzeichnet von weiteren heftigen Regenfällen. Nur die Unerschrockenen unserer Gruppe haben ihre angemeldete Wandertour nicht abgesagt. Die Verfasser des Berichts haben es vorgezogen vormittags das Bachhaus zu besuchen. Zu der ständigen Ausstellung mit Vorführung historischer Instrumente wird derzeit die Sonderausstellung „Text: Luther & Musik: Bach“ gezeigt. Lieder von Luther werden in Verbindung mit Bachs Musik multimedial (Text und Ton) dargestellt. Der Besuch hat sich gelohnt. Nachmittags Fahrt nach Ruhla und Besuch des Pfeifenmuseums. Das war der trockene Teil der geplanten Tour „Wandern auf den Spuren der Pfeifenschnitzer und Messerschleifer“. Das Museum ist in einem 400 Jahre alten Fachwerkgebäude untergebracht. Schwerpunkt ist die sehr umfangreiche Tabakpfeifensammlung mit Zubehör. Pfeifenköpfe aus echtem Meerschaum und dem in Ruhla erfundenen Masse-Meerschaum brachten ab 1834 einen großen Aufschwung im Gewerbe und weltweiten Export. Der Hang zum Nichtrauchen ließ die Handwerkskunst des Pfeifenschnitzens aussterben.

Am Mittwoch fuhren wir mit der Regionalbahn nach Hörschel an der Werra. Dort beginnt der Rennsteig, der älteste und meistbegangene Weitwanderweg Deutschlands, mit einer Länge von etwa 170 km. Die Tour „Vom Rennsteig zum Stedtfelder Bergbaulehrpfad“ begann am Treffpunkt an der Kirche. Auch hier perfekte Organisation. Die kurze Wartezeit, eine Gruppe wurde noch von einem etwas späteren Zug erwartet, konnten wir mit der Besichtigung der Kirche überbrücken. Die renovierte Inneneinrichtung im Jugendstil mit prächtigen Ausmalungen ist sehenswert. Mit unserem Wanderführer Ulrich Böckel habe wir dann als „Riesengruppe“, etwa 50 Personen, die Rennsteigetappe in Angriff genommen. Da auch hier zahlreiche ortskundige Begleitpersonen mitgewandert sind, konnte jeder einen Ansprechpartner für Fragen finden. Ulrich Böckel lockerte die Wanderung mit spannenden Geschichten und interessanten Erläuterungen auf. Der Rennsteig war ja Teil der innerdeutschen Grenze mit Sperrgebiet auf der Ostseite. Infolge war das Wandern auf dem Rennsteig stark eingeschränkt bis unmöglich. Nach etwa 5 km verließen wir den Rennsteig in Richtung Stedtfeld und kamen zum Aussichtspunkt „Wartburgblick“ der wiederum einen herrlichen Ausblick in die Landschaft bot. Danach begann der Bergbaulehrpfad. Der seit 1997 bestehende 3,5 km lange Lehrpfad wurde erst jüngst, wahrscheinlich für den Wandertag, komplett renoviert und die Informationstafeln neu gestaltet. An neun Stationen konnte der Wanderführer den historischen Kupfererzabbau (Begleitmetalle Silber und Gold) und die wechselvolle Geschichte von Beginn 1476 bis Stilllegung 1800 erläutern. Am Ende des Pfades wurden wir von freiwilligen Helfern mit einer Gulaschkanone überrascht aus der Erbsensuppe mit Wurst ausgeteilt wurde. Nach einem Kaffee sind wir gestärkt nach Stedtfeld weitergegangen und mit dem Bus nach Eisenach zurückgefahren.

 

Rennsteigblick
Rennsteigblick

 

Abends besuchten wir das Musical „Luther! Rebell wider Willen“ im Landestheater Eisenach. Das Fazit der Musiktheaterkritikerin „Tolle Darsteller, Rocknummern, die garantiert lange im Ohr nachklingen, viel Sprach- und Spielwitz, intelligente visuelle Lösungen, starke Bilder. Sollte man gesehen haben.“ Auch wir waren begeistert von der Aufführung.

Die Wartburg zu besuchen gehört zur Pflichtveranstaltung. Ein Teil der Gruppe hat sich dies für Donnerstag vorgenommen, da schöneres Wetter erwartet werden konnte. Von Eisenach führen viele Wege auf die Wartburg. Für den kürzesten Weg sollte eine gute halbe Stunde eingeplant werden. Die Beschilderung ist sehr gut. Auch ohne Führer ist der Weg leicht zu finden. Oben angekommen hat man einen herrlichen Blick auf das Thüringer Land. Aktuell wird die Ausstellung „Luther 2017, 500 Jahre Reformation“ und die sehr sehenswerte Sonderausstellung „Luther und die Deutschen“ gezeigt. Diese Ausstellung verdeutlicht an historischen Beispielen, wie je nach Interessen und politischer Ausrichtung Luther für das Erreichen eigener Ziele vereinnahmt wurde.

Nachmittags war der Empfang der Wimpel-Wander-Gruppe auf dem Eisenacher Marktplatz. Die Gruppe wanderte in 24 Etappen 500 km von Sebnitz in der Sächsischen Schweiz, Station des letzten Deutschen Wandertags, bis nach Eisenach. Empfangen wurden sie von allerlei Prominenz mit lautstarken Beifall der zahlreichen Besucher, die bei schönstem Wetter den Marktplatz gefüllt hatten.

 

Wimpelwandergruppe
Wimpelwandergruppe

 

Der Marktplatz war so hergerichtet, dass viele Besucher und vor allem auch Einheimische angelockt wurden. Das Ambiente trug mit dazu bei, dass an den Tischen bei Bier oder Wein ein Kontakt zu den Eisenachern und anderen Wandertagsbesuchern zustande kam. Auf der Bühne wurde täglich ein interessantes und abwechslungsreiches Programm geboten. Kurz gesagt: Man konnte immer hingehen, es war immer etwas los.

Am Freitag haben wir bei schönem Wetter unsere erste Schluchtentour unternommen. Mit dem Stadtbus kamen wir bequem zum Ausgangspunkt „Wandertreff Phantasie“. Durch die reizvolle abwechslungsreiche Landgrafenschlucht führte der Weg auf die Anhöhe. Vom „Carolinenblick“ hat man eine phantastische Ansicht der Wartburg. Weiter ging es zum Burschenschaftsdenkmal. Die Einkehr im Berghotel, unterhalb des Denkmals, war eine gute Wahl. Besonders von den Torten, hergestellt von der hauseigenen Konditorin, waren alle begeistert.

 

Landgrafenschlucht
Landgrafenschlucht
Wartburg vom Carolinenblick
Wartburg vom Carolinenblick
Burschenschaftsdenkmal
Burschenschaftsdenkmal

 

In der Stadt wieder angekommen war die Zeit noch ausreichend für den Besuch des Automuseums. Bei den Exponaten wurde die Erinnerung wieder wach, dass die Wiege der BMW-Automobile in Eisenach stand. Neben frühen BMW-Fahrzeugen werden besonders gepflegte und auch seltene Fahrzeuge aus der Eisenacher Nachkriegsproduktion gezeigt. Auch Opel ist mit Fahrzeugen vertreten, die im Opelwerk Eisenach gebaut wurden.

Die „Wandertour zum Altenberger See“ am Samstag wurde wieder von Hartmut Werner vom Markt aus geführt. Am Prinzenteich vorbei ging es in die spektakuläre Drachenschlucht. Diese wurde nach den heftigen Regenfällen wieder freigegeben, nachdem der Forst die begehbaren Gitterroste von angeschwemmten Material befreit hatte. Unser Wanderführer und seine Begleiter sorgten für einen sicheren Durchstieg. Angelangt auf der „Hohen Sonne“ wurde eine kurze Pause eingelegt. Auch hier duftete die Bratwurst vom Grill. Weiter ging es über die Hochwaldgrotte und den Felsenpfad zum Schloss Wilhelmsthal. Die Wanderung wurde durch interessante und witzige Geschichten aufgelockert die Hartmut Werner zum Besten gab. Da er in dieser Gegend aufgewachsen ist, konnte er den aufmerksamen Zuhörern authentisch über wahre Gegebenheiten berichten. Die Endeinkehr war am Altenburger See im gepflegten Gasthof Seeblick, Campingpark Eisenach. Eine kurze Wegstrecke führte uns dann zurück zur Bundesstraße 19 und zur Bushaltestelle. Von da ging es mit dem Bus zurück nach Eisenach.

 

Drachenschlucht
Drachenschlucht
Felsenpfad
Felsenpfad
Gartenanlage Schloss Wilhelmsthal
Gartenanlage Schloss Wilhelmsthal



Am Sonntag ging der große Festumzug durch die Eisenacher Innenstadt. Der Schätzung nach beteiligten sich rund 6.000 Wanderfreunde aus rund 90 Vereinen und Ortsgruppen. Der rund 850 m lange Zug wurde vom Fanfarenzug Eisenach angeführt. Geschätzt wurden 20.000 Mitwirkende und Zuschauer.

 

Festumzug/Foto von Verena K.
Festumzug/Foto von Verena K.
Festumzug
Festumzug
Festumzug
Festumzug

 

Die Abschlussveranstaltung fand am Montag im Kurpark Bad Liebenstein statt. Der Höhepunkt war die Weitergabe des Wanderwimpels von der Sebnitzgruppe als Vertreter der letztjährigen Wandertagsstadt an die Vertreter der Stadt Eisenach. Nächstes Jahr organisiert dann die Stadt Eisenach eine Wandergruppe, die den Wanderwimpel zum nächsten Ausrichter des Wandertags nach Detmold bringt.

 

Fazit:
Das Konzept Naturerlebnisse mit Kulturerlebnissen zu verbinden wurde bei diesem Deutschen Wandertag grandios umgesetzt. Das Ziel, Eisenach und die Wartburgregion optimal zu repräsentieren wurde dank der vielen Ehren- und Hauptamtlichen, nicht zuletzt durch deren enormen Einsatz verbunden mit Freundlichkeit, erreicht. Die Wanderfreunde und Besucher waren des Lobes voll. Thüringen von seiner schönen und attraktiven Seite wurde vielen erst jetzt bewusst. Uns bleibt der Wandertag in sehr guter Erinnerung.

 

Carola Schützler
Ludwig Kreitner

 

Fotos: Ludwig Kreitner

August 2017